Was noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre, ist heute Wirklichkeit: Deutschlands Kernindustrie, die Automobilindustrie, wird planwirtschaftlich umgestaltet. Und die Forderung nach Enteignung privater Immobilieneigentümer wird nicht mehr nur von linksextremen Splittergruppen erhoben, sondern findet breite Unterstützung
Als ich vor einem Jahr mein Buch „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“ (http://kapitalismus-ist-nicht-das-problem.de/) veröffentlichte, lautete der häufigste Einwand in Diskussionen: „Das weiß doch jeder, dass der Kapitalismus dem Sozialismus überlegen ist. Wer will denn schon Sozialismus, Planwirtschaft oder Verstaatlichungen?“ Ich hatte das damals anders gesehen und daher das Buch als Warnung geschrieben. Ich wäre froh, wenn ich unrecht behalten hätte, aber leider wird die Notwendigkeit dieser Warnung täglich neu bestätigt. Zwei Beispiele:
So wird die Autoindustrie planwirtschaftlich umgestaltet
Deutschlands Kernindustrie, die Automobilindustrie, wird derzeit mit großen Schritten planwirtschaftlich umgestaltet – so wie dies bereits bei der Energiewirtschaft geschehen ist. Die Mechanismen der Umgestaltung sind die Folgenden:
Die EU hat folgende „Flottenziele“ beschlossen: Bis 2021 dürfen alle neu zugelassenen Pkw in der EU im Schnitt maximal 95g CO2/km ausstoßen. Dies entspricht einem durchschnittlichen Verbrauch von 3,6 Liter Diesel bzw. 4,1 Liter Benzin. Die Vorgaben für die Weiterführung der CO2-Grenzwertregelung bis 2030 beinhalten folgende Elemente:
• der CO2-Ausstoß von Neuwagen soll bis 2025 um 15 %, bis 2030 um 37,5 % verringert werden,
• der Staat zwingt die Unternehmen faktisch, emissionsfreie/-arme Fahrzeuge (i.d.R. Elektroautos) zu produzieren: verkaufen Hersteller im Jahr 2025 mehr als 15 %, im Jahr 2030 mehr als 35 % solcher Fahrzeuge, werden im Gegenzug ihre CO2-Vorgaben abgeschwächt,
• die tatsächlichen CO2-Emissionen sollen im Rahmen der Marktüberwachung mittels Verbrauchsmessgeräten in den Fahrzeugen erfasst und jährlich für jeden Hersteller veröffentlicht werden.
Faktisch führt das dazu, dass bestimmte PKWs – besonders kleinere Typen – nicht mehr produziert werden können. Nicht mehr die Unternehmen und die Verbraucher bestimmen, was produziert wird, sondern der Staat. Nachdem sich die Verbraucher – trotz irrwitziger Subventionen – als resistent erwiesen und nicht im gewünschten Maß Elektrofahrzeuge gekauft haben, wurde klar, dass das von Angela Merkel verkündete Planziel von einer Million Elektroautos bis 2020 verfehlt wird. Jetzt werden die Unternehmen gezwungen, sich nicht mehr nach den Konsumentenwünschen, sondern nach staatlichen Vorgaben zu richten.
Der zweite Schritt, der logisch darauf folgt, sind weitere massive Eingriffe des Staates in die Wirtschaft. Aus dem Wirtschaftsministerium, das zu Ludwig Erhards Zeiten das Wächteramt für die Marktwirtschaft war, wurde unter Peter Altmaier ein Planwirtschaftsministerium. Der Ökonom Norbert F. Tonfall hat dies hervorragend in einem Beitrag für „Cicero“ analysiert:
„Und Bundeskanzlerin Angela Merkel kam ihrem Wirtschaftsminister im Bundestag jüngst zu Hilfe. In einer Regierungserklärung zum EU-Gipfel forderte sie eine Lockerung der EU-Beihilferegeln und eine aktive Industriepolitik, damit Europa ökonomisch gegenüber China und den USA Boden gut machen könne. Nötig sei eine Debatte über europäische Champions und eine Änderung des EU-Wettbewerbsrechts. Es ginge dabei nicht darum, dass der Staat künftig die Rolle der Wirtschaft einnehme. Aber es sei unsinnig, wenn der Staat zwar viele Umweltvorschriften für die Autoindustrie mache, sich aber nicht auch um die Frage kümmere, wie Wertschöpfungsketten in Europa erhalten bleiben könnten. Das heißt mit anderen Worten, der Primat der Politik im Bereich des Umweltschutzes muss nach Ansicht von Angela Merkel durch einen Primat der Industriepolitik in der Wirtschaft ergänzt werden.
Die Bundeskanzlerin scheint dabei nicht einen Gedanken an die Frage zu verschwenden, ob nicht gerade die überbordenden Umweltvorschriften für die Autoindustrie und ihre Energiepolitik mit Atomenergie- und Kohleausstieg eine nachhaltige Deindustrialisierung in Deutschland befördern, die sie und ihr Wirtschaftsminister durch ihre ‚Nationale Industriestrategie 2030’ andererseits verhindern wollen. Der angemaßte Primat der Politik in einem Sachbereich scheint den Primat der Politik in anderen Sachbereichen nach sich zu ziehen. Frei nach Ludwig von Mises könnte man von einer sektorübergreifenden Interventionsspirale sprechen.“
Privates Immobilieneigentum wird ausgehöhlt, Verstaatlichung wird salonfähig
Noch vor Kurzem wurden Forderungen nach Verstaatlichungen nur von der Partei „Die Linke“ oder einigen linksextremen Splittergruppen erhoben. Inzwischen ist diese Forderung salonfähig geworden. Robert Habeck, Vorsitzender der Grünen, die laut Umfragen deutschlandweit derzeit hinter der CDU die zweitstärkste Partei sind und in der Hauptstadt Berlin sogar mit Abstand die stärkste Partei, erklärte, Verstaatlichungen von Grund und Boden könnten durchaus notwendig werden. Auch in den Medien gibt es Unterstützung für Verstaatlichungsforderungen: Im ARD-Presseclub diskutierten am Sonntag vier Journalisten über die Situation am Wohnungsmarkt. Zwei davon, nämlich die Vertreter der Süddeutschen Zeitung und des Deutschlandfunks, fanden es richtig, Immobilienbesitzern mit Verstaatlichung zu drohen.
Die staatlichen Eingriffe in die Wohnungswirtschaft werden immer drastischer, am Schluss steht konsequenterweise die Verstaatlichung. Bereits 2015 wurde die „Mietpreisbremse“ eingeführt. Damit wurde die Vertragsfreiheit zwischen Mietern und Vermietern bei der Neuvermietung in bestehenden Wohngebäuden abgeschafft. In Gebieten mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ (und das sind faktisch alle großen Städte) darf seitdem die Miete bei Neuvermietung in bestehenden Wohnungen nur noch maximal 10% über der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ liegen (oder auf dem Niveau der Miete, die der Vormieter gezahlt hat).
Dieses Gesetz konnte die Mechanismen von Angebot und Nachfrage jedoch nicht aushebeln. Da das Angebot an Wohnungen in den großen Städten hinter der Nachfrage zurückbleibt, stiegen die Mieten weiter. Es liegt in der Logik staatlicher Intervention, dass weiter an der Regulierungsschreibe gedreht wurde. Seit dem 1. Januar diesen Jahres gilt eine verschärfte Fassung der Mietpreisbremse. Wenn die Politiker erkennen, dass sie auf dem eingeschlagenen Pfad nicht zum Ziel kommen, laufen sie noch schneller – in die falsche Richtung. Die SPD fordert bereits weitere Verschärfungen, nämlich einen „Mietenstopp“. In Berlin hat die SPD als Alternative zur Enteignung von Wohnungsgesellschaften eine Begrenzung der Miete auf 6-7 Euro gefordert.
Gleichzeitig wird Berlin, das von SPD, Linken und Grünen regiert wird, zunehmend von sogenannten „Milieuschutzgebieten“ überzogen. In solchen Gebieten bestimmt nicht mehr der Eigentümer der Immobilie, sondern der Staat, welche baulichen Änderungen erlaubt sind. So wurde beispielsweise einem Wohnungseigentümer verboten, das Bad, das nur 80 cm breit ist, zu verbreitern, da 80 cm ein „zeitgemäßer Ausstattungszustand“ sei. Wenn Immobilien verkauft werden, macht der Staat immer häufiger von einem Vorkaufsrecht Gebrauch – nicht nur in Berlin, sondern auch in München und anderen Städten. Regelmäßig drohen die Beamten bei einem anstehenden Verkauf, der Staat werde selbst als Käufer einspringen. Das kann der Immobilieneigentümer nur vermeiden, wenn er eine sogenannte „Abwendungsvereinbarung“ unterschreibt, die ihm weitgehend die Verfügungsgewalt über die Immobilie nimmt. Er darf dann beispielsweise das Haus nicht mehr in Eigentumswohnungen aufteilen.
Die Ursachen für die Wohnungsknappheit werden mit all diesen Maßnahmen natürlich nicht beseitigt und es wird keine einzige neue Wohnung geschaffen. Zu den Ursachen gehört auch, dass Bauen durch ständig verschärfte Öko-Vorschriften inzwischen so teuer geworden ist, dass es kaum noch möglich ist, preiswerte Wohnungen zu bauen. Also zwingt der Staat die Bauträger dazu, indem er Baugenehmigungen nur noch dann erteilt, wenn ein bestimmter Prozentsatz an Sozialwohnungen gebaut wird.
In dieser Phase wird das Privateigentum zwar nicht abgeschafft, aber es bleibt nur noch der formelle Rechtstitel, während dem Eigentümer die Verfügungsgewalt entrissen wird – diese liegt zunehmend beim Staat.
Die letzte Konsequenz ist dann die Verstaatlichung. Das Volksbegehren in Berlin sieht vor, dass alle Unternehmen, die mehr als 3000 Wohnungen besitzen, verstaatlicht werden. Doch dabei wird es nicht bleiben. Nachdem Teile der SPD-Jugendorganisation Jusos gefordert hatten, alle Eigentümer mit mehr als 20 Wohnungen zu enteignen, stellte sich der Bundesvorsitzende der Jusos, Kevin Kühnert, hinter diese Forderung. „Mit welchem Recht hat jemand mehr als 20 Wohnungen?“ fragte er rhetorisch.
Auch die Initiatoren des Volksbegehrens haben bereits deutlich gemacht, dass die Verstaatlichung von Unternehmen, die mehr als 3000 Wohnungen besitzen, nur der Anfang sein soll. Es soll damit eine Drohkulisse für Kleinvermieter aufgebaut werden. Auf der Website, auf der für das Volksbegehren geworben wird (https://www.dwenteignen.de/) heißt es: „Insbesondere Deutsche Wohnen das führende Unternehmen im Berliner Immobilienmarkt ist und eine marktmächtige Stellung besitzt. Die kleinen Miethaie schauen auf den großen Miethai und nehmen ihn als Vorbild. So wird auch eine Niederlage des großen Miethais für die Kleineren eine Lehre sein. Deutsche Wohnen das Handwerk zu legen nützt allen Mieterinnen und Mietern in Berlin, die vom Mietenwahnsinn betroffen sind.“ Also: Auch der „kleine Miethai“ (= kleiner Privatvermieter) soll nicht ungeschoren davon kommen, er kommt als nächstes dran.
Fazit: Die Analyse zeigt, dass die staatlichen Eingriffe und die Forderungen nach sozialistischer Umgestaltung der Wirtschaft immer drastischer werden. Erich Honecker, der letzte Generalsekretär der kommunistischen SED, erklärte 1989, kurz vor dem Ende der DDR siegesgewiss: „Den Sozialismus in seinem Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf.“ Und tatsächlich: Wer nicht versteht, dass der Kapitalismus nicht das Problem ist, sondern die Lösung, wird immer wieder in sozialistischen Lösungen den Ausweg suchen.
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