Risiken nicht ignorieren

Erschienen am 29. Januar 2007

Kaum ein Satz wurde im vergangenen Jahr in der Immobilien-Fachpresse so häufig und so nachdrücklich wiederholt wie der, dass die Immobilien- und Finanzmärkte zunehmend zusammenwachsen. Dies ist auch zweifelsohne richtig. Aber neben den positiven Aspekten und den Chancen, die sich aus dieser Entwicklung ergeben, bedeutet dies auch zusätzliche Risiken, die jedoch häufig verdrängt werden.

„Der Crash kommt“ – so der Titel eines kürzlich erschienenen Buches, das insbesondere vor den Folgen der dramatischen Staatsverschuldung in den USA und Europa warnt. Hinzu kommen die Risiken der Verschuldung amerikanischer Privatleute, die nicht mehr weiter ausgedehnt werden kann. Die Besorgnisse derjenigen, die vor einer dramatischen Finanzkrise warnen, speisen sich aus vielen Quellen:

  • die galoppierende Inflation bei den Preisen von Vermögenswerten in allen Assetklassen. Sie ist im Immobilienbereich ebenso wie bei Rohstoffen, Bonds und anderen Assets zu beobachten.
  • die extrem gestiegene Risikobereitschaft der Investoren, die auf der Suche nach einigermaßen auskömmlichen Renditen bereit sind, immer höhere Risiken einzugehen. Auch dies ist im Immobilienbereich ebenso zu beobachten wie etwa bei Private Equity-Investments oder auf dem Bond-Markt. Eine aktuelle Befragung von Afire hat ergeben, dass inzwischen rund ein Drittel der Investoren auf dem US-Immobilienmarkt riskante Investments bevorzugt.
  • die extreme Staatsverschuldung, die nie mehr zurückgezahlt werden kann, sondern die bei den Staaten irgendwann die Bereitschaft steigen lassen könnte, eine Lösung in der Inflation zu suchen.
  • die Kumulation von Risiken durch den Einsatz derivativer Instrumente auf den Finanzmärkten in einem nie gekannten Ausmaß.
  • politische Risiken, für die Länder wie Korea oder der Iran stehen, aber auch mögliche Terroranschläge wie der vom 11.September 2001.
  • zuletzt ist es die enorme, überbordende Liquidität an den internationalen Finanzmärkten, die wir im Immobiliensektor ebenso spüren wie in allen anderen Märkten und die Anlass zu Sorgen gibt.
  • langfristig ist es der Kollaps der staatlichen Sozialversicherungssysteme als Folge der demografischen Entwicklung, der die ökonomische und politische Stabilität in vielen Ländern gefährdet.

Optimisten tun all diese Risiken als Angstmache von Panikpropheten und Crashgurus ab. Und genau darin liegt die größte Gefahr: In der Sorglosigkeit vieler Marktteilnehmer, die fleißig Argumente sammeln, warum wir in der besten und sichersten aller Welten lebten und die uns erklären, dass traditionelle Bewertungskennzahlen heute angeblich keine Rolle mehr spielten und es deshalb beispielsweise vernünftig sei, Immobilien selbst zum 25-fachen zu erwerben. Die Tatsache, dass beispielsweise schon lange vor den Folgen der öffentlichen und privaten Verschuldung in den USA gewarnt wird und sich bislang die Warnungen nicht bestätigt haben, ist kein Argument dafür, dass sich die Risiken nicht realisieren könnten.

Was ist wahrscheinlicher: Dass die Preise der Assets auf dem gegenwärtigen Niveau bleiben oder dass sie irgendwann fallen? Dass wir in einer Welt ohne Krieg und Terror leben, oder dass es geopolitische Konflikte und dramatische Anschläge gibt? Dass sich die Bewertungen von Immobilien, Anleihen, Rohstoffen und anderen Assets wieder an langfristigen historischen Durchschnitten ausrichten oder dass sie sich dauerhaft auf dem heute hohen Niveau einpendeln werden? Dass es zu dramatischen Pleiten von großen Hedgefonds kommt oder dass solche Pleiten ausbleiben? Niemand weiß das.

Es wäre jedenfalls leichtsinnig, sich nicht auch auf Worst-case-Szenarien vorzubereiten. Wer Immobilien extrem hoch und nur kurzfristig finanziert, könnte von Schocks auf den Finanzmärkten besonders kräftig getroffen werden. Aus Sicherheitsgründen empfiehlt es sich jedenfalls, Risiken auch durch Investitionen in Assets abzusichern, die von einer Finanzkrise stark profitieren würden – so insbesondere Gold. Und eine sehr hohe Cashreserve wirkt auf jeden Fall beruhigend und eröffnet zudem Chancen, bei einem möglichen Finanzcrash vielleicht sogar lukrative Investments tätigen zu können.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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